Geologie & Natur in Mitteldeutschland

Prof. Dr. Arnold Müller - Geologe / Paläontologe
Teufelsmauer

Geolandschaften

Geolandschaften
1) Steil aufgerichteter Unterer Buntsandstein in einem alten Bahneinschnitt bei Thale am Harz (Harznordrand-Aufrichtungszone). 2) Die Queste bei Questenberg am südlichen Harzrand ist ein alter Burgberg und besteht aus massiven Zechsteinanhydriten. In der Südharz-Gipskarstlandschaft sind zahlreiche Karstphänomene zu besichtigen. 3) Keuperbadlands unter der Wachsenburg bei Arnstadt (Thüringer Becken, Gebiet der "Drei Gleichen"). Die abgebildeten Aufschlüsse vermitteln einen Eindruck von der Vielfalt mitteldeutscher "Geolandschaften".


Harznordrand-Aufrichtungszone

Zu den interessantesten Georegionen Mitteldeutschlands gehört das Gebiet am nördlichen Harzrand. In mehreren Hebungsphasen hat der Harz Schichten aus Zechstein und Mesozoikum an seinem Nordrand steil aufgerichtet, so dass sie heute nahezu senkrecht ("saiger") stehen können, manchmal sogar etwas überkippt. Nach der Aufrichtung der Schichten modellierten Verwitterung und Erosion die Landschaft. Feste Schichten wurden herauspräpariert und bilden Schichtrippen/Höhenzüge. Der sehr harte, verkieselte Heidelbergsandstein der Teufelsmauer ist ein besonders markantes Beispiel. Auch die erosionsresistenteren Hartgesteine aus Buntsandstein und Muschelkalk bilden Härtlingszüge. Weichere und leichter ausräumbare Schichten, beispielsweise aus Röt oder Keuper, formen hingegen parallel zu den Härtlingszügen verlaufende Senken und Täler. Die Region ist ein perfektes Exkursionsgebiet, in dem man auch auf zahlreiche Zeugen uralter Geschichte trifft.

Geolandschaft 2
1) Eingekieselte Sandsteine aus der Kreidezeit (Heidelbergsandstein) bilden den imposanten Härtlingszug der Teufelsmauer am Harznordrand. 2) In der Nähe von Kloster Michaelstein am Harznordrand kann man Kreideschichten aus dem Campanium über steil aufgerichtetem Muschelkalk beobachten, eine Folge tektonischer Bewegungen im Zusammenhang mit Hebungsphasen des Harzes ("Saxonische Bruchschollentektonik" oder "Inversionstektonik").


Flechtinger Rücken bei Magdeburg

Der Flechtinger Rücken oder Höhenzug nordwestlich von Magdeburg ist die letzte (nördlichste) Grundgebirgsaufragung der Region. Nördlich davon beginnt geologisch Norddeutschland und das Grundgebirge liegt über Tausend Meter tiefer, was eine enorme Sprunghöhe des Störungssystems am Nordostrand des Höhenzuges bedeutet.

Gesteine aus Karbon und Rotliegend bilden den größten Teil des Flechtinger Rückens. Im Rotliegend sind Vulkanite verbreitet, darunter ein Andesit aus dem Unterrotliegend. Andesitoide sind aufgrund ihrer technischen Eigenschaften ein gesuchtes Material für verschiedene Zwecke und werden in großen Steinbrüchen gewonnen. Im Steinbruch Mammendorf bei Irxleben wurde dabei ein unteroligozänes Felslitoral aufgeschlossen. Es lieferte eine Fülle wohl erhaltener Fossilien aus dem Oligozän. Der Untergrund des nahe gelegenen Magdeburg enthält ähnliche Bildungen.

Geolandschaften 3
In mehreren Abbauebenen wird der Andesit von Mammendorf gewonnen. Zwischen den einzelnen Lavaflüssen sind auch geschichtete Gesteine (Tuffite) anzutreffen. Auf der Andesitoberfläche sind Reste eines fossilreichen unteroligozänen Felslitorals erhalten. Darüber folgen pleistozäne Schmelzwassersande und Geschiebemergel. Beide Bildungen sind durch Aufnahme oligozäner, glaukonitischer Grünsande grünlich gefärbt und enthalten umgelagerte Oligozänfossilien. Auf der Oberfläche des Andesits kommen Gletscherschrammen vor.


Rhyolithkuppenlandschaft bei Halle/Saale

Nördlich und nordöstlich von Halle (geologisch auf der Halle-Wittenberger Scholle) hat der permosilesische Vulkanismus eine Kuppenlandschaft aus Rhyolithhärtlingen hinterlassen. Das Petersbergmassiv ist die mächtigste dieser Rhyolithkuppen. Die Rhyolithe verzahnen sich mit roten Sandsteinen/Konglomeraten des Rotliegend. In der höheren Kreidezeit und im Alttertiär erfolgte unter überwiegend warm-humiden Verhältnissen eine tiefgründige Verwitterung der verschiedenen Rhyolithvarianten. Aus den Feldspäten ging Kaolin hervor - ein gesuchtes Material für Porzellan- und keramische Industrie.

Am Fuchsberg bei Morl nördlich von Halle-Trotha wird noch heute Kaolin abgebaut. An einigen Stellen sind dabei auch sehr interessante Tertiärprofile geöffnet worden. Sie zeigen brackisch-ästuarine Schichten sowie marine Ablagerungen aus Obereozän bis Unteroligozän. Auf Rhyolith- und Sandsteinuntergrund haben sich Magerrasen mit artenreichen Pflanzengesellschaften etabliert.

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1) Die Rhylithkuppe des Petersbergs. 2) Die "Weiße Wand" bei Dobis an der Saale zeigt die Auflagerung des basalen Zechsteins auf Rotliegend. 3) Das Tertiärprofil eines Aufschlusses am Fuchsberg bei Morl zeigt die transgressive Überlagerung des Kaolins durch obereozäne bis unteroligozäne Schichten mit Braunkohlenflözen.


Unstruttal zwischen Freyburg und Laucha

Im unteren Unstruttal zwischen Naumburg und Rossleben-Artern prägen Gesteine der Trias (Buntsandstein und Muschelkalk) die abwechslungsreiche Tallandschaft. Zwischen Freyburg und Laucha bildet der Muschelkalk steile Hänge. Sie sind auf der Sonnenseite des Tals oft für den Weinbau terrassiert. An anderer Stelle treten die festen Bankzonen des Unteren Muschelkalks als Felsbastionen aus den Hängen. Die Schattenhänge des Tals sind dagegen oft von artenreichen Laubwäldern bedeckt. Die Region gehört zum Kernraum des mitteldeutschen Trockengebietes.

Der Untere Muschelkalk enthält drei Bankzonen mit wertvollen Naturbausteinen, die seit Jahrhunderten abgebaut wurden. Besonders wertvoll ist der Schaumkalk. Aufgrund seiner Porosität erinnert er etwas an einen feinporigen Gasbeton. Dieser Stein eignet sich auch perfekt für Bildhauerarbeiten, wie dies beispielsweise die Stifterfiguren des Naumburger Doms zeigen.

Geolandschaften 5
1) Auf dem Schafberg zwischen Weischütz und Zscheiplitz an der Unstrut befinden sich Weinberge und darüber alte Steinbrüche im Muschelkalk. Die Trockenrasen auf dem Muschelkalk beherbergen eine der artenreichsten Trockenrasengesellschaften der Region. 2) Bei Zscheiplitz erinnert der alte Kalkofen (technisches Denkmal) im Geotop Schaumkalkbruch an die Zeit, als hier Schaumkalk gewonnen wurde.


Saaletal bei Bad Kösen

Zwischen Bad Kösen und der Ilmmündung bei Großheringen ist das Saaletal besonders reizvoll und typisch "Burgenland". Rudelsburg und Burg Saaleck thronen am Rande der senkrechten Muschelkalkwände hoch über der Saale. Unterer Muschelkalk oder Wellenkalk ist hier allgegenwärtig, bildet schroffe Talhänge mit den Felsbastionen seiner drei Bankzonen wie am Himmelreich oder stürzt in senkrechten Wänden zum Saaletal hinab. Die Rudelsburg steht auf dem hier besonders mächtigen Schaumkalk. Schaumkalk ist überall gebrochen worden. Manche alten Steinbrüche bieten noch heute hervorragende Gelegenheiten, diesen außergewöhnlichen Stein in Augenschein zu nehmen.

Auf dem Kalk hat sich, wie so oft in dieser Gegend, eine interessante Flora angesiedelt. Die Palette reicht von der Vegetation der Felsfluren bis zu artenreichen Trockenwäldern.

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1) Rudelsburg am Muschelkalksteilhang über der Saale. 2) Muschelkalkfelsen an der Saale bei Saaleck. 3) Obere Schaumkalkbank im Profil des alten Schaumkalkbruchs am Himmelreich bei Bad Kösen - Saaleck.


Kyffhäuser

Der Kyffhäuser ist ein eigenwilliges, kleines Gebirge südlich des Harzes. Als Pultscholle ausgebildet, erhebt sich sein Nordrand schroff aus der großen Subrosionswanne der Goldenen Aue. Dort sind die ältesten Gesteine der Region zu beobachten: Metamorphite der Mitteldeutschen Kristallinzone. Die steile Straße zum Gipfel windet sich dann durch das nächste Gesteinsstockwerk, rote Molassesandsteine und -konglomerate aus dem Oberkarbon. Sie kann man am Denkmal ansehen.

Nach Südwesten fällt der Kyffhäuser sanfter ab. Ein breiter Gürtel aus Zechsteinanhydriten ermöglichte hier die Entwicklung einer einzigartigen Gipskarstlandschaft mit Steppenrasen und Trockenwäldern. Der Untergrund ist von zahlreichen Höhlen durchzogen. Dass der Anhydrit ein problematischer Baugrund ist, kann man an einer Kirche in Bad Frankenhausen beobachten. Unablässig nagt das Grundwasser am Anhydrit im Untergrund und zwangsläufig wird der Turm immer schiefer. Ohne spezielle Sicherung würde er wohl in wenigen Jahren einstürzen.

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1) Kyffhäuserdenkmal über oberkarbonischen Molassesandsteinen, die hier für das Denkmal gebrochen wurden. 2) Die alte Unterburg besteht aus dem gleichen Material. 3) Der schiefe Kirchturm von Bad Frankenhausen ist Symbol des Subrosionsgeschehens im Anhydrit.


Drei Gleichen im Thüringer Becken

Zwischen Arnstadt und Gotha zieht sich ein Höhenzug entlang, der eigentlich ein tektonischer Graben ist. Darin sind Triasgesteine gegenüber ihrer Umgebung tief eingesunken und stellenweise ist sogar noch etwas Lias dabei. Der feste Rätsandstein aus dem höchsten Keuper hat die weicheren Schichten darunter wie ein fester Deckel vor Abtragung geschützt, weshalb die Grabenfüllung heute als Höhenrücken in der Landschaft erscheint - eine perfekte Reliefumkehr.

Die klotzigen Rätsandsteine auf den Berggipfeln sind idealer Gründungsort für Burgen, zumal der Baustein gleich nebenan zu gewinnen war. Die Tonsteine unter dem Rätsandstein bilden die Bad Lands unter der Wachsenburg, wo eines der besten Keuperprofile Thüringens besichtigt werden kann und auch noch der Heldburg-Gips zugänglich ist. Auf dem Großen Seeberg bei Gotha wird der Rätsandstein noch heute in großen Steinbrüchen gewonnen.

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1) Bad Lands in den Tonsteinen der Arnstadt-Formation unterhalb der Wachsenburg bei Arnstadt. Die Steilkante am Waldrand wird vom Semionotussandstein gebildet. 2) Sandsteinbruch auf dem Großen Seeberg bei Gotha. Die dunklen Tonsteine über den hellen Rätsandsteinen leiten in den tiefsten Lias über.