Geologie & Natur in Mitteldeutschland
Im April 2024 ist mein Mann Arnold Müller verstorben. Ich habe mich entschlossen, seine Website als digitales Erbe weiterhin zugänglich zu halten. Dies wäre sicher in seinem Sinne gewesen. Bis auf kleine Änderungen finden Sie die Inhalte wie von ihm dargestellt wieder.
Arnold Müller war Geologe und Paläontologe und bis 2014 Kustos der Geologisch-Paläontologischen Sammlung der Universität Leipzig. Danach verfolgte er weiterhin seine Interessen der Geologie, Paläontologie und Biostratigraphie des mitteldeutschen Tertiärs. Insbesondere die Natur seiner Heimat, das mitteldeutsche Trockengebiet, beschäftigte ihn intensiv. So war er sehr oft zwischen Jena und Naumburg, an der Unstrut oder in der Gipskarstlandschaft zwischen Südharz und Kyffhäuser unterwegs. In den aufgelassenen Braunkohlentagebauen des Südraums Leipzig, dort, wo er 1974 anfing, Fossilien zu sammeln, verbrachte er viele interessante Stunden. Er widmete sich zusätzlich der Pilzkunde, der Botanik und Zoologie.
Andrea Woydack
Arbeitsschwerpunkt tertiäre Faunen und Biostratigraphie in Mitteldeutschland
In den vergangenen Jahren lieferten zahlreiche interessante Aufschlüsse in Mitteldeutschland eine Fülle perfekt erhaltener paläogener Fossilien. Sie sind natürlich nicht nur rein paläontologisch interessant, sondern auch Basis biostratigraphischer Datierung und Korrelation. Das großzügige Sponsoring der Bohrgesellschaft Landsberg mbH (Geschäftsführer Dipl.-Ing. M. Wichmann) ermöglichte 2012 und 2014 die Abteufung von Kernbohrungen bei Latdorf (bei Bernburg). Die Firma BOG Bohr- und Umwelttechnik GmbH (Caaschwitz in Thüringen, Geschäftsführer Dipl.-Ing. Peter Wölk) führte eine Forschungsbohrung in der Egelner Südmulde zwischen Egeln und Schneidlingen aus. Ende August 2018 begannen die Bohrarbeiten und Anfang September 2018 wurde die Bohrung bei 70m Endteufe eingestellt. Die Bohrung lieferte einen perfekten Kern aus dem Latdorfium und tieferen Rupelium. Sie schließt damit einige erosionsbedingte Lücken in anderen bearbeiteten Profilen. Die Untersuchung des Bohrkerns der Bohrung Schneidlingen 1 ist inzwischen abgeschlossen und eine umfangreiche Publikation derzeit in Arbeit. Die neuen Aufschlüsse haben auch zahlreiche Ergänzungen zur Fischfauna beigebracht und auch hier ist eine umfangreiche Publikation entstanden.
Tagebaulandschaften im Süden von Leipzig
Nahezu ein Jahrhundert lang prägten große Braunkohletagebaue die Landschaft südlich von Leipzig. Als die Tagebaue noch offen waren, boten sie einmalige Einblicke in die Geologie der Region und zugleich Gelegenheit zum Aufsammeln von Fossilien in tertiären und quartiären Sedimenten. Aus den Tagebauen Espenhain, Cospuden, Zwenkau und anderen entstand nach Beendigung des Bergbaus das Leipziger „Neuseenland“. Dort, wo ich noch vor 25 Jahren hervorragende Fossilien sammeln konnte, erstrecken sich heute die großen Seen der Bergbaufolgelandschaft. Hier kann man nun die Rückeroberung der rohen Bergbauflächen durch die Natur beobachten - ein spannender Prozess.
Ein Geopfad mit 16 Stelen am alten Tagebau Espenhain mit den Nachfolgeseen Störmthaler und Markkleeberger See illustriert die interessante Geologie der Region. Findlinge, noch vorhandene Aufschlüsse und „geologische Fenster“ ermöglichen auch jetzt noch den Blick auf ein Stück realer Geologie.
Naturraum Mitteldeutschland
Von der südöstlichen Harzumrandung bis in die Leipziger Tieflandsbucht reicht ein Gebiet mit einer besonderen klimatischen Tönung: unterdurchschnittliche Niederschlagsmengen, überdurchschnittliche Zahl der Sonnenstunden und milde Winter sind nur einige Stichworte dazu. Zu diesen regionalen klimatischen Besonderheiten gesellen sich geologische Besonderheiten. In der Südharz-Kyffhäuser-Region bilden mächtige Zechstein-Anhydrite die geologische Grundlage für eine einmalige Gipskarstlandschaft. An den Flüssen Saale und Unstrut, etwa 75 – 100 km südwestlich von Leipzig, nehmen Gesteine der Trias große Flächen ein (Saale-Unstrut-Triasland). Flüsse und Bäche haben sich tief in die Triasplatte eingeschnitten und eine reich gegliederte Landschaft geschaffen, deren sonnenexponierte Hänge den Weinanbau im nördlichsten Weinanbaugebiet Mitteleuropas ermöglichen. Wo der Wein gedeiht, finden auch sonnenhungrige und wärmebedürftige Pflanzen und Pilze ihr Auskommen. Sie verleihen der Flora und Pilzflora zwischen Südharz und Saale einen besonderen Charakter.
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Spezialthema Pilze
Als Paläontologe befasst man sich in der Regel mit den Hartteilen längst verblichener Tiere. Schalen, Zähne, Otolithen u.a. fossilisationsfähige Hartteile bleiben übrig, wenn ihre Erzeuger vor Millionen von Jahren den Weg alles Lebendigen gegangen sind. Da ist es gut, sich auch mal mit einer lebendigen Organismengruppe etwas tiefer zu befassen. Mich faszinieren vor allem Pilze und es ist eine schönes Kontrastprogramm zur Arbeit im Labor, am Mikroskop oder am Rechner, hinaus auf die Jagd nach besonderen Pilzen zu gehen. Da durch den Einzug der Genetik in die Taxonomie und Systematik der Pilze viele bisherige Gewissheiten ins Trudeln gekommen sind, wird es auch immer problematischer, bestimmte Funde ohne spezielle Untersuchungsmethoden überhaupt einzuordnen und benennen zu können. So bleibt es spannend: manchmal haut man bei bestimmungskritischen Gruppen im ersten Anlauf völlig daneben und findet erst im zweiten oder dritten Anlauf den richtigen Ausgang aus dem Labyrinth der Nomenklatur...